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Andreas Buttinger | Maler und Bildhauer
Maler und Bildhauer



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Gegenständliches...
...oder nur Bildhaftes ?

Aus dem Rausch der Farben und Formen heraus, in diesen Gemälden zu einem zunächst undurchdringbar scheinenden Sehbündel zusammengeballt, erscheinen, durchaus plötzlich, medial bekannte Formen:
Menschen, Autos, Gebäude. Der Farbraum konkretisiert sich zu einer Körperbeschreibung, die sich als seltsam vertrautes Formelement vorstellt: eine gleichsam alt bekannte Größe des visuellen Gedächtnisses, aber doch ein isoliertes Ding, ein isolierter Mensch oder zwei isolierte Menschen in einem unendlich scheinenden Ambiente. Orientierungslos präsentieren sich diese Konstellationen, frei schwebend, frei schwimmend in einem Strom der Farbformen, gleichsam überraschend sich zu einer Erinnerung konkretisierend, zwar nicht dinglich, körperlich greifbar, aber doch aus der Erinnerung heraus mit Volumen verknüpft. Für jeden bildenden Künstler ist das „Bild der Welt in der Bilderwelt“ (John Berger) die stete Herausforderung seines künstlerischen Schaffens. Welche Bilder gestaltet unsere Welt von sich? Welche Bildwelten bestimmen zum Einen die „Bildung“ von unseren Wahrnehmungen, zum Anderen die Konkretisierung von bildnerischen Bezeichnungen und in Summe dann so etwas wie eine Weltbildsituation. Andreas Buttinger Caspar ist ein solcher bildender Künstler, der sich in seiner bisherigen künstlerischen Entwicklung immer wieder, gleichsam stoßweise und punktuell, mit diesen Weltbildzuordnungen beschäftigt hat. Sein Kunstwollen hat er stets in unterschiedliche Perspektiven gelenkt, mit unterschiedlichen Methoden und Materialien gearbeitet, um dabei jedoch immer wieder die Fähigkeit der Kunst im Hinblick auf die Erkenntnisse möglicher Weltbilder zu erproben. Die aktuelle Malereiserie, an der er in den letzten Monaten intensiv gearbeitet hat, bringt eine große Fülle an Qualitäten des Malerischen zum Vorschein und konzentriert die Aufmerksamkeit des Betrachters dabei stets auf grundsätzliche Fragen der Bildwahrnehmung. Die vorgestellten, farbigen Räume erscheinen weit ausgedehnt, sich intensiv in die Tiefe und Breite verlängernd, ja als dynamische Entwicklungsstränge des Räumlichen sich präsentierend - und mittendrin in diesem farbigen Fließen gibt es ein Innehalten, das auf eine andere Bewegung verweist: auf eine Körperbestimmung, die gleichsam im Sinne eines „Gegen-Standes“ verständlich gemacht wird.

Aber diese Körper sind Bilderinnerungen, sie zeigen sich nicht als direkte Volumenserfahrungen, als Kontaktereignisse, sondern als aus der Entfernung heraus wirksame Bilder des Körperlichen, als medial vermittelte Sinneswahrnehmung. Und wie um diese Distanz noch zu unterstreichen, setzt der Künstler immer wieder bewusst in Schablonen gesetzte Lettern in diese malerische Wirklichkeit seiner Bildkompositionen, Lettern, die sich zu irritierenden Wortbotschaften zusammenfügen und oftmals auch seriell gesetzt sind: Das Wort „Rabenkinder“ wirkt dann wie ein irritierender Paukenschlag nach dem anderen, stellt immer wieder von Neuem die Frage, wie es hier weitergehen kann, welche Zuordnung hier gültig sein darf, welche sein könnte, welche schließlich sein muss. Und wiederum landet der Betrachter bei den Beziehungsfragen, bei seinen (Bild)Bestimmungsmöglichkeiten auf der Basis der eigenen (Bild)Erfahrungen, aber vor allem bei seiner persönlichen Frage nach seinen Beziehungen zum
Realen, zum konkreten Beziehungserlebnis, zum konkreten Angreifen undBegreifen von Körpern, Dingen, von Vertrautem und Anvertrautem. Andreas Buttinger Caspar stellt diese bildkünstlerischen Fragen nach der Beziehungsorientierung in prägnanter, groß dimensionierter Malerei vor. Er verbindet unterschiedlichste Malmaterialien, gleichsam „klassische“ Künstlerfarben genauso wie spezielle Lacke. Er dimensioniert in souveräner Setzung frei fließende Farbwelten und agiert in gleicher Weise mit vordefinierten Schablonen. So sucht diese seine Bildkunst auch technisch die Kontrastierung und unterstreicht damit einmal mehr die Frage nach den individuellen wie kollektivierenden Orientierungsmöglichkeiten und den Beziehungsfeldern.

In „Mann ohne Eigenschaften“ lässt Robert Musil seine Hauptfigur Ulrich folgendes denken: „Was er dachte, bedeutete so viel wie ein Abscheiden von den meisten lebendigen Beziehungen; darüber täuschte er sich nicht. Denn man lebt heute geteilt und nach Teilen mit anderen Menschen verschränkt; was man träumt, hängt mit dem Träumen zusammen und mit dem, was andere träumen; was man tut, hängt unter sich, aber noch mehr mit dem zusammen, was andere Menschen tun; und wovon man überzeugt ist, hängt mit Überzeugungen zusammen, von denen man nur den kleinsten Teil selbst hat: Aus einer vollen Wirklichkeit handeln wollen, ist also eine ganz unwirkliche Forderung.
(Musil Robert: Ein Mann ohne Eigenschaften, Reinbek bei Hamburg, 1987, Seite 875)

Ergänzen wir diese Worte um die Bildwirklichkeit und ihre damit verknüpften Fragen, wie sie etwa hier in prägnanter Weise in den Werken von Andreas Buttinger Caspar formuliert werden, so bestimmt sich einmal mehr und ausgreifender eine mit diesen Werken verbundene Erkenntnisperspektive – in besonderer Weise ausgerichtet auf die zeitliche Entwicklung, auf Erinnerungsmomente bzw. auf die Erwartungshaltung filmischer Situationen und den damit verknüpften Erinnerungsbotschaften. Solche malerische Bilder sind stets auch eine Transferbewegung, als Sprung in eine andere Zeitdimension zu verstehen. Das Individuelle tritt somit noch einmal weiter zurück; das Geschehen rückt noch mehr in eine Art medialer Typologisierung, die den Betrachter allerdings noch stärker heraus fordert, hier sein eigenes Un-Teilbares (Individuelles) festzusetzen - aber auch mitzuteilen, durchaus im Sinne eines „Gegen-Standes“.

Peter Assmann